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Presseerklärung der Freiburger Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen zur Woche des Grundeinkommens
vom 14.09. bis 20.09.09
Die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens stellt den Umkehrpunkt für Politik und Gesellschaft dar, weil es eine elementareÄnderung unseres Denkens beinhaltet: Von der Honorierung der Arbeitsleistungen, mit dem die finanzielle Existenz gegenwärtig begründet wird, hin zur Ermöglichung ebendieser Leistungen durch Bereitstellung einer finanziellen Existenzgrundlage für alle.
Mit dem Grundeinkommen vollziehen wir den seit Beginn der Industrialisierung längst überfälligen Wandel von der Selbstversorungswirtschaft zur Fremdversorungswirtschaft. Denn die Waren und Dienstleistungen, die jeder Erwerbstätige erstellt bzw. leistet, sind immer(!) – mit wenigen Ausnahmen - für andere, für die Gemeinschaft. Durch die bisherige Bezahlung der geleisteten Arbeit machen wir uns zum Gehalts- und Lohnabhängigen, also zum Arbeitssklaven, der von seinem Arbeitgeber beherrscht wird, da wir von diesem Einkommen leben müssen.
Der Arbeitgeber betrachtet die Arbeit und den Arbeiter als Ware und sieht die Bezahlung aus unternehmerischer Sicht als Kostenfaktor an. Dadurch kommen die Arbeitsplätze in Gefahr abgeschafft zu werden, um den Gewinn zu steigern und/oder den Wert des Unternehmens an der Börse zu erhöhen und/oder durch Rationalisierungsmaßnahmen. Dieser Trend verstärkt sich immer mehr, sodass eine Vollbeschäftigung immer llusionärer wird. Im übrigen sind viele Arbeitsplätze lediglich zu Einkommensplätzen geworden, da die getane Arbeit oft nicht (mehr) den Intentionen, Fähigkeiten und Neigungen des Arbeitenden entspricht.
Gemäß der Tatsache der Fremdversorgung muß also auch die Bezahlung, zumindest die Existenzgrundlage, aus der Gemeinschaft erfolgen, durch ein bedingungsloses Grundeinkommen, das von der Höhe her auch die soziale Teilhabe ermöglicht. Durch diese Grundlage „im Rücken“ kann der Einzelne aus freien Stücken eine Arbeit wählen – über die Erwerbsarbeit hinaus - , die seinen Talenten, Neigungen und Fähigkeiten entspricht und damit kann der Beruf wieder zur Berufung werden und nicht nur als Mittel zum Zweck der Existenzsicherung dienen. Bei der Bezahlung der Erwerbsarbeit, die über das Grundeinkommen hinaus geht, kann jetzt der Arbeitnehmer auf „Augenhöhe“ mit dem Arbeitgeber verhandeln und einen entsprechenden Anteil am gemeinsam Geleisteten (zusätzlich z.B. auch Gewinnanteile oderAktien) verlangen, auch was eine Änderung der Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen anbetrifft.
Dadurch werden die derzeitigen Dumpinglöhne verschwinden und durch individuell ausgehandelte Arbeitszeitverkürzungen neue Arbeitsplätze entstehen. Der Unternehmer wird seinen Mitarbeiter dann nicht mehr als Untergebenen ansehen, sondern als gleichberechtigten Partner. Das Grundeinkommen ist kein Almosen für alle, sondern eine grundsätzliche Notwendigkeit, um Arbeit zu ermöglichen oder anders ausgedrückt: Die Grundeinkommenslosigkeit blockiert die Arbeit, die weit mehr beinhaltet als nur die bezahlte Erwerbsarbeit. Die bisher zumeist ehrenamtlich ausgeführte Arbeit – wie z.B. Haushalt, Familie, private Altenpflege, usw. – wird durch das Grundeinkommen aufgewertet. Bei dem freiheitsstiftenden Aspekt des Grundeinkommens verbunden mit der persönlichen Sinnfrage, wird der Egoismus und Materalismus des Einzelnen zurückgedrängt zugunsten der Intention, sich sozial zu engagieren, d.h. die Nöte und Probleme des Anderen zum Motiv des eigenen Handeln zu machen.
Das Grundeinkommen ebnet also nicht nur den Weg zu mehr Gemeinsinn und Solidarität, sondern öffnet auch das Tor zum Bewusstsein der Einheit der Menschen untereinander und mit der gesamten Schöpfung. Nach unserer Überzeugung muß die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens einhergehen mit einer radikalen Änderung unseres Steuersystems, von der Einkommens- zur Ausgabensteuer (Mehrwertsteuer) sowie einer grundlegenden Reformierung unseres Geldsystems.
1989 sind die Mauer und der eiserne Vorhang gefallen, jetzt müssen die Mauern in den Köpfen und Herzen der Menschen fallen.
Michael Pfeiffer
Sprecher der Freiburger Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen